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Rainer stampft Bundesprogramm ein

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer lässt das Bundesprogramm für den Umbau der Tierhaltung (BUT) auslaufen. Das hat das Agrarressort (BMLEH) am Donnerstag (11.9.) in Berlin mitgeteilt. Tierwohlgerechte Schweineställe sollen laut BMLEH künftig wieder über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes"(GAK) gefördert werden. Gefordert hatten dies zuvor bereits einige der unionsgeführten Länderagrarressorts. Deutliche Kritik an der Entscheidung des CSU-Landwirtschaftsministers kam von den Grünen und vom Deutschen Bauernverband (DBV).

Dem BMLEH zufolge hat das Programm bislang nicht die erhoffte Impulswirkung für Investitionen entwickelt. Rainer sprach sogar von einem "Placebo-Programm". Auch der Haushaltsauschuss des Bundestages hatte zuletzt einen unzureichenden Mittelabfluss moniert und das BMLEH angehalten, das Programm einfacher auszugestalten.

CSU-Minister Rainer will die finanziellen Ressourcen durch eine Überführung in die GAK "in Zeiten knapper Kassen" bündeln. Mit den Bundesländern will er nun ins Gespräch kommen, damit der Übergang bei der Förderung möglichst reibungslos erfolgt.

Die für investitionswillige Tierhalter relevanten veränderten Fristen will das BMLEH schon am Freitag (12.9) im Bundesanzeiger veröffentlichen.

Das BUT wurde von der Vorgängerregierung unter Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir eingeführt. Gefördert wurden sowohl die Investition als auch die laufenden Mehrkosten der tierwohlgerechteren Haltung. Laut BMLEH wurden bislang nur 271 Anträge für investive und 413 Anträge für konsumptive Förderungen gestellt.

CSU "beerdigt Tierschutzziele"

Scharfe Kritik an Rainers Umsteuern bei der Tierwohlförderung äußerten die Grünen. "Die geplante Verlagerung in die GAK ersetzt kein eigenständiges Förderprogramm, sie ist finanziell wie strukturell nicht tragfähig", sagte die agrarpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, Ophelia Nick. Schließlich sei die Kofinanzierung durch die Länder in vielen Fällen nicht gesichert. Nick zufolge war das BUT praxisnah, handwerklich sauber und wurde zudem von vielen Betrieben angenommen. Diese würden nun im Stich gelassen, fürchtet Nick.

Nach Einschätzung der grünen Sprecherin für Tierschutz, Zoe Mayer, zeigt die Entscheidung, dass im CSU-geführten Agrarministerium Tierschutz keine Rolle spielt. "Dazu passt, dass Rainer sich auch sonst nicht darum bemüht, eine dauerhafte Finanzierung für den nachhaltigen Umbau der Tierhaltung zu finden, etwa über eine Umlage oder eine Reform der Mehrwertsteuer".

DBV und AbL kritisieren Entscheidung deutlich

Völliges Unverständnis äußerte auch Joachim Rukwied. "Diese Entscheidung ist mehr als enttäuschend und ist ein herber Rückschlag für unsere Tierhalter", so der DBV-Präsident. Seit Jahren hätten deutsche Landwirte ihre Bereitschaft erklärt, die Ställe hin zu mehr Tierwohl umzubauen. "Eine verlässliche Co-Finanzierung und die dazu notwendigen Veränderungen im Bau- und Genehmigungsrecht sind für die Investitionen für den Umbau der Tierhaltung entscheidende Voraussetzungen", betonte Rukwied.

Zwar hätten die Förderkriterien des BUT angepasst werden müssen, damit die Mittel auch abgerufen würden, räumt der DBV ein. Ohne finanzielle Unterstützung werde der Umbau hin zu mehr Tierwohl nun aber "zwangsläufig deutlich langsamer stattfinden", monierte Rukwied.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warnte vor den Folgen, sollte das Programm tatsächlich wie angekündigt auslaufen. Dadurch werde den Betrieben die wirtschaftliche Perspektive "unter den Füßen weggerissen", meint die AbL. Rainer würde damit die "ersten wichtigen Ansätze", die Empfehlungen der Borchert-Kommission umzusetzen, wieder abwickeln, warnte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz.

"Die heutige Ankündigung von Rainer ist auch deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar, weil sich die Bundesländer aufgrund des Bundesprogramms aus der Tierwohlförderung auf Länderebene gerade zurückgezogen haben", so Schulz weiter. Er forderte Rainer daher auf, seine Ankündigung zurückzunehmen.

Anträge blieben hinter Erwartungen zurück

Rainers Entscheidung etwas abgewinnen kann hingegen der Geschäftsführer des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG), Udo Hemmerling. "Es ist sinnvoll, die Investitionsförderung BUT für Schweineställe wieder in das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) zu integrieren", so Hemmerling gegenüber AGRA Europe. "Das separate BUT hat bei Tierhaltern, Investitionsbetreuern und Förderbehörden für zusätzlichen Abstimmungsbedarf gesorgt; die Antragszahlen blieben deutlich unter den Erwartungen", lautet Hemmerlings Analyse.

Er fände es daher besser, "auf eingespielte Förderstrukturen der Länder zurückzugreifen". Nun müssten allerdings auch Vereinfachungen in der Investitionsförderung für Schweinehalter erfolgen. Beispielsweise sollte dem BLG-Geschäftsführer zufolge das absolute Verbot von Bestandsaufstockungen selbst bei Kleinbetrieben gelockert werden, damit die Förderung die Wirtschaftlichkeit der Betriebe verbessern kann. Zudem müssten die GAK-Bundesmittel entsprechend aufgestockt werden.

Lob aus Bayern

Unterstützung erhielt Agrarminister Rainer zudem von seiner Parteifreundin, der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. "Das von Özdemir gegen den Willen vieler Länder durchgesetzte Bundesprogramm war von Anfang an viel zu praxisfern, weshalb die Nachfrage weit hinter den Erwartungen des Bundes zurückgeblieben ist", urteilt die CSU-Politikerin.

Kaniber sieht nun den Bund gefordert, auch die vorgesehenen Bundesmittel in die GAK zu überführen und den Ländern zur Verfügung zu stellen. Bei der Agrarministerkonferenz Ende September in Heidelberg müsse das weitere Vorgehen beraten werden. "Eines zeichnet sich nach der Entscheidung des Bundesministers aber bereits jetzt ab: Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, das derzeit im Bundestag inhaltlich überarbeitet wird und eine wichtige Grundlage für das Bundesförderprogramm war, muss mindestens so lange verschoben werden, bis sich Bund und Länder über einen neuen Ansatz im künftigen Förderrahmen in der GAK geeinigt haben", erläuterte Kaniber. Sie hält die vom Handel eingeführten Haltungskennzeichen für ausreichend.

Wird Bayern nun finanziell bessergestellt?

Von einem "Schlag ins Gesicht der Tierhalterinnen und Tierhalter" sprach dagegen die grüne Agrarministerin Niedersachsens, Miriam Staudte. Rainer opfere das BUT aus rein parteipolitischen Motiven, so ihr Vorwurf. Vermutlich sei es Rainer ein "Dorn im Auge" gewesen, dass bayerische Betriebe nicht zu den Hauptantragstellern gehörten.

Darüber hinaus bevorzuge der Verteilmechanismus über die GAK Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg, monierte Staudte. Schließlich würde die Finanzierungsverantwortung den Ländern zugeschoben, die dann den Großteil der Kosten tragen müssten. "Das bedeutet: Finanzstarke Länder sind hier klar im Vorteil, Länder mit großen Tierbeständen wie Niedersachsen aber auch Nordrhein-Westfalen werden besonders belastet", so Staudte. AgE