DBV spricht von Zitterpartie
Eine "durchschnittliche Bilanz" mit einer größeren Menge als in den vergangenen beiden Jahren hat der Deutsche Bauernverband (DBV) für die diesjährige Getreideernte gezogen. In der Erntebilanz, die der Bauernverband am Dienstag (19.8.) vorgelegt hat, weist er eine Gesamtmenge von 43,49 Mio. Tonnen Getreide aus; das wären 11% mehr als 2024, während der Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2024 um 4% übertroffen würde. Allerdings gibt es laut DBV je nach Region und Standort sehr große Ertragsspannen bei den meisten Kulturen. Zudem hätten die Qualitäten in vielen Regionen zum Teil erheblich unter den wochenlangen, teils sehr intensiven Niederschlägen gelitten. DBV-Präsident Joachim Rukwied sprach bei der Erntepressekonferenz von einer "erneuten Zitterpartie" für die Landwirte.
Sehr gut sieht es mengenmäßig beim Winterweizen aus. Hier erwartet der DBV ein Aufkommen von 21,70 Mio. Tonnen; das wären 22% mehr als im Vorjahr. Zurückzuführen ist dies laut Bauernverband sowohl auf bessere Erträge pro Hektar als auch auf eine deutliche Ausweitung der Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr. Getrübt werde diese gute Entwicklung jedoch durch die Tatsache, dass viele Landwirte nur schlechte bis ungenügende Qualitäten einbringen könnten. Nach den anhaltenden Niederschlägen seien die Fallzahlen zum Teil eingebrochen, so der DBV. Auch bei den Proteingehalten zeichneten sich deutliche Ausschläge nach unten ab, insbesondere in den Roten Gebieten.
Bei der Wintergerste ist laut DBV ebenfalls von einer größeren Ernte auszugehen als im Vorjahr. Das erwartete Ergebnis von 9,27 Mio. Tonnen würde um 4% über dem 2024 erzielten Ergebnis liegen. Kräftige Zuwächse gibt es auch beim Winterroggen. Hier stellt der Bauernverband 3,15 Mio. Tonnen in Aussicht, womit das Vorjahresaufkommen um 22% übertroffen würde. Die Winterrapsmenge wird mit 3,86 Mio. Tonnen angegeben, was ein Plus von 6% wäre. Abstriche müssen die Landwirte aber wahrscheinlich beim Körnermais machen. Derzeit rechnet der DBV mit einer Erntemenge von 4,26 Mio. Tonnen; im Vorjahresvergleich wäre das ein Minus von 15%.
Ein heterogenes Bild zeigen nach Angaben des DBV Kulturen wie Kartoffeln sowie verschiedene Obst- und Gemüsearten. Bei Frühkartoffeln und Kirschen seien zufriedenstellende Erträge erreicht worden, während es bei anderen Kulturen nur für eine durchschnittliche Ernte gereicht habe. Herbstkulturen wie Mais, Zuckerrüben und weitere Gemüsearten wie Kohl hätten hingegen von den Niederschlägen profitiert.
Als belastend - vor allem für die Obst- und Gemüsebauern - erweise sich der immer stärker zunehmende Importdruck, berichtet der DBV. Zusätzlich erschwerten steigende Arbeitskosten durch den Mindestlohn sowie Einschränkungen beim Pflanzenschutz die Lage vieler Betriebe. Außerdem träten vor allem im Apfel- und Salatanbau derzeit massive Probleme mit Krankheiten und Schädlingen auf. Darüber hinaus breite sich die Schilf-Glasflügelzikade immer weiter aus und sorge für massive Herausforderungen, da die Handlungsmöglichkeiten der Landwirte nach wie vor sehr eingeschränkt seien.
Klimawandel spürbar
Auch wenn die Erntemenge endlich einmal wieder im durchschnittlichen Bereich liege, mache sie doch erneut die spürbaren Folgen des Klimawandels deutlich, erklärte Rukwied. Der anhaltende Niederschlag während der eigentlichen Erntezeit habe auch in diesem Jahr die Arbeit der Landwirte erheblich behindert. Teils hätten die Mähdrescher tage- bis wochenlang auf dem Hof gestanden, wodurch das bereits reife Getreide deutlich länger auf dem Feld verblieben sei, so der DBV-Präsident. Das habe stellenweise zu deutlichen Qualitätseinbußen geführt. Zusätzlich sei es durch die ausgeprägte Trockenheit im Frühjahr im Nordosten des Landes zu Ertragseinbußen gekommen.
Sorge über Marktsituation
Der DBV-Präsident ging auch auf die aktuelle Marktsituation ein, die er mit Sorge betrachtet. Die nach wie vor katastrophale Preislage - insbesondere auf den Getreidemärkten - bringe den Landwirten zunehmend Probleme, und eine Verbesserung sei nicht in Sicht. In Kombination mit den stark gestiegenen Betriebsmittelkosten sei der Getreideanbau in Deutschland kaum noch wirtschaftlich darstellbar, beklagte Rukwied. AgE