Beringmeier äußert Unverständnis
Die von Lidl und Aldi Nord für zahlreiche Lebensmittel angekündigte Preissenkung stößt in der Landwirtschaft auf völliges Unverständnis. Der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Hubertus Beringmeier, übt scharfe Kritik am Vorgehen der beiden Discounter. Nach seinen Worten mögen sinkende Lebensmittelpreise für Verbraucher zunächst Anlass zur Freude sein. "Aus der Perspektive der Produzenten fehlt uns für dieses Vorgehen jedoch jegliches Verständnis", stellte der WLV-Präsident am Montag (26.5.) in Münster klar.
Beringmeier machte deutlich, dass die Produktion hochwertiger, regional und nachhaltig erzeugter Lebensmittel ihren Preis habe, und verwies dazu auf die Aspekte Tierwohl sowie Umwelt-, Natur- und Klimaschutz. Aus Sicht des WLV-Präsidenten muss sich auch der hoch konzentrierte deutsche Lebensmitteleinzelhandel (LEH) dieser Verantwortung stellen, damit positive Effekte der landwirtschaftlichen Produktion entsprechend honoriert werden.
Zugleich warnte Beringmeier davor, dass der wichtige und richtige Ansatz für mehr Tierwohl, Umwelt-, Natur- und Klimaschutz nicht durch eine falsche Preispolitik konterkariert werden dürfe. "Dem massiven Preisdruck des Lebensmitteleinzelhandels können die Betriebe sonst langfristig nicht standhalten", betonte der Landesbauernpräsident.
Für ihn kommen die angekündigten Preissenkungen um bis zu 35% unter anderem für Grundnahrungsmittel angesichts der hohen Produktionskosten und der gesellschaftlich gewünschten Forderungen nach mehr Tierwohl und Maßnahmen zum Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zur Unzeit. Solche Aktionen sendeten ein völlig falsches Signal an die Verbraucher. Die notwendigen Herausforderungen müssten auf Grundlage einer verlässlichen Finanzierung angegangen werden, forderte Beringmeier. Preissenkungen dürften nicht zulasten der Erzeuger gehen. Vielmehr müsse über eine Absenkung der Marge im LEH nachgedacht werden.
Weber: Gegen Marktmacht vorgehen
Deutliche Worte fand indes auch der Präsident vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau (BWV), Marco Weber. Ihn mache die "Verlogenheit der angekündigten Preissenkung wütend", so Weber. Nach seiner Einschätzung geht diese mit Sicherheit zulasten der Erzeuger, was zu einem weiteren Strukturwandel führen wird. "Die Discounter betreiben puren Populismus auf dem Rücken der Bauern- und Winzerfamilien", unterstrich der BWV-Präsident. Er forderte, dass das Bundeskartellamt endlich gegen die Marktmacht der vier großen Lebensmittelkonzerne vorgehen müsse. Diese beherrschten 85% des Lebensmittelmarktes hierzulande.
"Historische" Preissenkungen
Aldi Nord war am Montag (26.5.) Konkurrent Lidl gefolgt und hatte ebenfalls eine "historische" Preissenkung versprochen. Der zur Schwarz-Gruppe gehörende Discounter Lidl hatte am Samstag (24.5.) angekündigt, mehr als 500 Einzelartikel quer durch das Sortiment dauerhaft im Preis zu senken, einzelne Artikel regional um bis zu 35%. Dies umfasse sowohl bundesweite als auch regionale Preisanpassungen, so Lidl.
In einer Presseverlautbarung feiert sich der Discounter selbst dafür, die finanzielle Belastung der Haushalte durch gestiegene Lebenshaltungskosten zu senken und die Kaufkraft seiner Kunden stärken.
Aldi Nord wiederum teilte mit, dass das Unternehmen nach der dauerhaften Reduzierung von gut 1.000 Artikeln in diesem Jahr weitere 100 nationale sowie regionale Artikel über alle Warengruppen hinweg dauerhaft im Preis senken werde. Deutschlandchef Felix Rottmann begründete den Schritt damit, dass man "die Menschen in Deutschland in diesen herausfordernden Zeiten" entlasten wolle. AgE